KI - ein Beispiel, wie man Zukuntsängste in den Griff bekommt und wieder handlungsfähig wird
KI ist derzeit in aller Munde. Die einen lieben sie und würden sie am liebsten überall und jederzeit einsetzen, die anderen verdammen sie und wünschen, sie wäre nie entwickelt worden. Dann gibt es natürlich noch alle Nuancen dazwischen.
Dieser Artikel soll sich nicht mit den Vor-, Nachteilen, oder Risiken einer KI befassen. Sie dient als Bespiel, wie wir uns mit selbst gemachten (nicht unbedingt ausgedachten) Dramen in unsrem Kopf den Schlaf rauben und uns handlungsunfähig machen.
(vermeintliche) Zukunftsängste bewältigen
Drei Klienten machten sich größte Sorgen, dass ihre Dienstleistungen, die sie mit ihren Unternehmen anbieten, durch den Einsatz von KI den Markt verlieren werden. Die Sorgen darüber sind teilweise so groß, dass sie diese Menschen den ganzen Tag und am besten noch die Nacht begleiten.
Dabei wurden Szenarien durchgespielt, wie die Kunden abspringen, Interessenten von KI-Angeboten angelockt und abgelenkt werden, wie das Geld ausgeht, die Firma geschlossen werden muss etc. etc.
Artikel wurden in der Presse und im Internet verfolgt und überwiegend wurden natürlich solche Artikel gefunden, die die Ängste bestätigen.
Wo wir unseren Fokus hin ausrichten, werden wir auch etwas finden.
Wenn wir Angst haben, wollen wir meist mit dem, was uns Angst macht, überhaupt nichts zu tun haben.
Das Problem ist, dass wir die Angst damit nur bestärken. In vielen Fällen beruht die Angst zu einem großen Teil auf dem Unbekannten. Wir fühlen uns hilflos und unterlegen. Solche Gefühle machen uns vor allem eins - handlungs- und entscheidungsunfähig. Normalerweise bezieht sich unsere Angst auf etwas in der Zukunft. Also etwas, das wir noch gar nicht mit hundertprozentiger Sicherheit im vollen Umfang wissen, sondern nur vorwegnehmen können.
Nehmen wir mal die KI als Beispiel:
Zwei der Klienten neigten anfangs dazu, alles was damit zu tun hat, kategorisch abzulehnen. Sie wussten überhaupt nicht, wie das Ganze funktioniert. (Zugegeben, auch Programmierer können kaum erklären, wie KI funktioniert, wenn man sie fragt.) Schon gar nicht, wollten sie die Funktionen, die es bisher gibt, ausprobieren.
Die Kommentare blieben zunächst immer dieselben: „Bald können wir dicht machen“, „das ist alles eine Katastrophe und ungerecht“ und „ich muss mir eine andere Tätigkeit suchen, aber welche“.
Wie hilft man sich selbst aus einem solchen Angstzustand heraus?
1. Zugeben, dass man Angst hat
Klingt selbstverständlich. Aber keiner der drei Klienten hatte gesagt, er oder sie habe Angst. Da war nur Wut, Ärger, Ablehnung und Widerstand.
Eine deutliche Veränderung gab es in dem Augenblick, als sie sich eingestanden, dass hinter der Wut und Ablehnung Angst stand. Außerdem eine Enttäuschung, weil erwartet wurde, dass zukünftig die eigene Arbeit nicht mehr gewertschätzt würde. Vor allem aber stand da die Angst.
2. Abstand nehmen
Egal wie schwer es fällt, mach Dir klar, dass Du nicht Deine Angst bist. Solange Du in der Angst bist, kannst Du Dir auch keinen Überblick verschaffen, nicht hinterfragen, nichts objektiv beurteilen.
Deine Angst ist ein Gefühl in Dir und nicht im Außen. Manche Bedrohung ist nur für Dich eine, für andere nicht. Bei anderen Dingen hätte jeder Angst, trotzdem gibt es Menschen die mit der Situation erfolgreich oder zumindest besser umgehen als andere. Um Alternativen zu finden, brauchst Du also Abstand, indem Du aufhörst, die Angstgedanken und Visionen ungebremst im Kopf laufen zu lassen. Wenn Dir das schwer fällt, stell Dir die Angst gegenständlich im Raum vor und tritt davon mindestens zwei Meter zurück.
3. Licht ins Dunkel bringen
Besonders anstrengend für die Betroffenen sind diffuse Ängste. Da hört man viel „man“, „alle“, „die“.
„Die sind ja alle der Meinung, dass KI den Job viel besser kann.“
Frage: „Wer sind denn die?“
Nun, nach einigem Nachdenken war die Antwort, dass es einige Journalisten sind, einige Entwickler, und Personen aus dem Bekanntenkreis ohne weitere Fachkenntnis.
Das sind aber nicht „alle“ Menschen, oder?
Nein, es wurde dann eingeräumt, dass man hier und da durchaus schon auf Gegenstimmen gestoßen war aus denselben Kreisen.
Der nächste Schritt stieß auf einigen Widerstand.
Nämlich, sich mit der KI zu beschäftigen, und zwar mehr, als nur die Schlagzeilen und ein paar Artikel in der gängigen Presse zu lesen.
Wo gab es wirklich fundierte Berichte und Erklärungen? Wie sind tatsächlich die Entwicklungen im jeweiligen Tätigkeitsbereich zur KI? Was wäre mit einem Test?
Kaum zu glauben, aber Erwachsene Menschen können erstaunlich lange etwas aufschieben, an das sie nicht ran wollen. Doch irgendwann konnte die Angst überwunden werden.
Es führte nicht dazu, dass plötzlich drei Fans der KI erstanden. Aber die Zweifel und Kritik wurden fundierter, genauso schrumpfte die Angst zu weitaus besser zu kontrollierender Skepsis. „Also KI kann zwar a, b, c. Aber x, y, z kann sie nicht. Eventuell könnten Nachteile bei der KI-Verwendung auch dies und das sein. Da wäre meine Dienstleistung besser.“
Aha.
4. Wie geht man mit den Erkenntnissen um?
Erst, wenn sich die Angst gelichtet hat und die verbleibende auf fundierte Tatsachen gestützt werden kann, ist man in der Lage Lösungen zu finden.
Kann ich das, was mir Angst macht, umgehen? Nicht immer muss man sich mit etwas abgeben im Leben, das einem Angst macht.
Wenn man die Person oder den Umstand aber nun einmal nicht umgehen kann, ist die Frage: kann ich damit oder daneben (gut) leben?
Je mehr die Klienten über KI in ihrem Tätigkeitsbereich wussten, desto mehr sahen sie, wie sie sich positionieren konnten. Zwei von Ihnen kamen sogar schnell auf Ideen, wie sie ihre eigene Arbeit durch Nutzung von KI verbessern konnten und gleichzeitig durch die Betonung ihrer Alleinstellungsmerkmale Kunden an sich binden oder zu sich holen konnten.
Sie konnten wieder schlafen, sie konnten wieder Spaß an der Arbeit haben und sich auf das Wesentliche konzentrieren: die nächsten Schritte in ihrer Weiterentwicklung.
Natürlich wissen wir nie genau, was morgen ist. Es kann so kommen, oder auch ganz anders. “Die Hände in den Schoß zu legen und zu verzweifeln” bringt uns jedoch mit Sicherheit nicht weiter und wir fühlen uns währenddessen auch noch miserabel.
Ein Klient entschloss sich, nebenher weiterhin in Gedanken nach neuen Tätigkeitsfeldern zu suchen, auf die er ausweichen, oder sich ausweiten könnte. Es beruhigte ihn.
In unserer Welt gibt es kaum noch etwas, das sich nicht verändert. Und die Veränderung geschieht immer schneller. Aber trotzdem bleibt eine Vielfalt.
Die Industrialisierung verdrängte viele kleine Produktionen. Heute aber gibt es immer noch bzw. sogar wieder mehr Menschen, die nach Einzelstücken suchen, nach Handarbeit, die kleine Besonderheiten aufweist. Es gibt sogar Menschen, die Gegenstände aus der Massenproduktion in fast allen Bereichen ablehnen. Und dafür sind sie auch bereit zu bezahlen.
Der eine Patient mag den einen Arzt, der andere bevorzugt einen anderen. Ein Mandant lobt seine Anwältin, die nächste Mandantin ist komplett enttäuscht von dem Service. Dabei sind alle diese Dienstleister vielleicht fachlich gleich gut.
Tatsächlich beruht ein Großteil von unsren Ängsten auf Pauschalierung, ohne die immer währende Vielfalt zu beachten. Das wird zusätzlich durch Trends in der Gesellschaft unterstützt.
Hast Du mal im Internet nach Anleitungen für etwas gesucht? Rezepte, Holzbearbeitung, Autoreparatur, Nähanleitungen, Musiklehrvideos? Kennst Du das, dass Du Dir mindestens zwanzig YouTube-Videos und zehn Artikel zum selben Thema angeschaut und gelesen hast, aber davon fandest Du letztlich nur zwei hilfreich und hast wirklich begriffen wie es gemacht wird? Und von denen fandest du nur in einem die Frage beantwortet, die für Dich bei den anderen Erklärungen offen geblieben war. Nur bei einer Autorin oder einem YouTuber hattest Du Spaß und bist bis zum Ende dran geblieben.
Das macht das besondere der einzelnen Dienstleistung aus. Ein Großteil von uns Menschen will nicht einfach nur Informationen. Es kommt auf das „WIE“ genauso sehr an. Natürlich kann man das Wie mit Hilfe von KI verbessern, aber die Qualität der Information müssen wir - zumindest vorerst - noch selbst haben.
Ich habe ein KI-Programm nach einer Anleitung gefragt, wie man Belege verstürzt (kommt beim Nähen vor) und nach einer Anleitung, wie man Schellackpolitur aufträgt (Möbelrestauration).
Für beides bekam ich wie gewünscht ausführliche Anleitungen und hatte grundsätzlich alle Informationen, die ich brauchte. Trotzdem hätte ein Anfänger nach diesen Anleitungen nie einen Beleg ordentlich verstürzen oder eine glatte schöne Schellackpolitur hinbekommen können. Es fehlten die kleinen Kniffe, die Anfängerfehler, auf die man nicht hereinfallen darf und die Variationen, auf die man achten muss. Auch auf Nachfragen hin blieben sie aus und es fehlte ein ganz elementarer Tip, damit eine Schellackpolitur nicht zur Vollkatastrophe wird.
Das ist auch mit vielen Anleitungen und Videos aus reiner Menschenhand der Fall. Nicht alle können gut, anschaulich, verständlich und mit fundierter langjähriger Erfahrung erklären.
Bei allen drei meiner Klienten brachte dieser Gesichtspunkt eine neue Sicht auf die unsichtbare „Konkurrenz“ und ihre Ängste und Sorgen.
Aber dies sollte ja kein Artikel zur KI werden, sondern zu Ängsten und Widerständen.
Wie gehst Du am besten zukünftig an Deine (Zukunft-)Ängste heran?
Egal, ob man Angst (oder Widerstand) vorm Verfassen der Steuererklärung, vor einer ärztlichen Untersuchung, vor einer neuen Tätigkeit, vor einem kreativen Projekt hat. So unterschiedlich diese Themen und ihre Relevanz im Leben sind - wenn wir uns in unserer Angst „gefangen“ fühlen, läuft meistens das gleiche Schema ab.
Wir haben in unserem Kopf ein negatives Bild bzw. ein Szenario aufgebaut.
Das überwiegt die Möglichkeit eines positiven Szenarios, wenn so etwas überhaupt in unserer Vorstellung existiert.
Woher wir die Vorstellung haben und wie sie sich entwickelt hat, können wir meistens nicht mehr sagen.
Allein weil es negativ ist, wollen wir uns nicht damit beschäftigen.
Das Problem ist, dass unsere große Angst normalerweise auf zu wenig Wissen, Informationen und Erfahrung beruht. Oft beruht sie lediglich auf Erzählungen anderer, auf Informationen aus zweiter Hand, die wir gar nicht verifiziert, sondern einfach abgespeichert haben.
Wenn wir das unbesehen akzeptieren, bleiben wir in Handlungs- und Entscheidungsunfähigkeit stecken. Was wiederum hervorragend ist, um Angst zu verstärken.
Wenn Du das nächste Mal etwas vehement ablehnst oder sogar die Angst dahinter spüren, dann hör mal genau hin:
Wie konkret kannst Du werden? Wovor genau hast Du Angst? Was genau befürchtest Du? Warum befürchtest Du das? Woher weißt Du das? Was genau lehnst Du ab, warum und worauf stützt Du das?
Sehr oft wirst Du feststellen, dass Du im Diffusen bleibst. In dem Moment, wo Du konkret werden kannst, wird die Angst schwächer und gleichzeitig konkreter. Wenn Du aber konkret weißt, wovor Du Angst hast, ist es leichter, die Wahrscheinlichkeit zu beurteilen, mit der das Befürchtete sich bewahrheitet. Was man dagegen tun kann, oder welche Möglichkeiten für einen bestehen.
Oft sind Menschen, die etwas wirklich Einschüchterndes erleben, sehr gefasst, wenn sie sich vorab damit auseinandergesetzt haben.
Auseinandersetzen ist ein sehr schöner Begriff, denn er verdeutlicht, was man nicht tun sollte: In nur einer Richtung etwas im Geist durchleben, sich vollkommen damit identifizieren und den Abstand verlieren. Das trübt natürlich den Blick und unseren Verstand.
Sich mit jemandem oder etwas Auseinandersetzen beinhaltet schon einen Abstand. Man hat Raum geschaffen, man kann besser sehen, was da vor einem ist.
Es ist eine alte Weisheit, aber wir vergessen sie sehr leicht: Das Schlimmste ist, vor unseren Ängsten wegzulaufen oder sich völlig darin zu verlieren. Beides fühlt sich oft sehr ähnlich an.
Das Beste was wir tun können ist, so unangenehm es sich anhört, sich die beängstigenden Umstände anzusehen und sich mit seinen Ängsten auseinander zu setzen.
Selbst wenn negative Konsequenzen bleiben, gewinnen wir zumindest wieder Kontrolle und sind in der Lage eigene Entscheidungen zu treffen. Allein das stärkt unser gesamtes Körpersystem, wie man mit kineosologischen Tests nachweisen kann. Das mindert die Angst.
Also, bei nächster Gelegenheit: nicht weg,- sondern hinschauen. Aber mit gesundem Abstand bitte.