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Teamqualitäten in der Chefetage: Warum sie entscheidend sind für den Unternehmenserfolg


Zusammenarbeit in Teams ist ein Thema, das in der Geschäftswelt viel Beachtung finden. Unternehmen investieren viel Zeit und Geld in Teambuilding-Seminare für ihre Mitarbeiter und in diesen liegt große Betonung auf Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit, Zusammengehörigkeit und auf dem Einsatz für ein gemeinsames Ziel.

Seltsamerweise wird in der Chefetage immer noch oft angenommen, dass diese Werte und Teamfunktionen dort von selbst vorhanden sind.

Ein Klient, Seniorpartner in einem etablierten Unternehmen, sah sich kürzlich mit diesem Problem konfrontiert. Sein Unternehmen, das seit 30 Jahren erfolgreich am Markt agierte und mittlerweile 10 Partner:innen umfasste, stand vor dem Zusammenbruch. Nicht finanziell, sondern weil zwei vor drei Jahren eingestellte Partner:innen intern nicht mehr tragbar waren. Nun kann man sich von Partnern noch schwieriger trennen als von langjährigen Mitarbeitern mit Kündigungsschutz. Am Ende stand eine teure Spaltung des Unternehmens.

"Ich dachte immer, in der Chefetage läuft es anders", sagte er. Doch die Chefetage ist im Kern eben auch ein Team.

Obwohl Führungs-Seminare gern die Vorbild-Chefs:innen hervorheben, entspricht das nicht immer der Realität. In vielen Chefetagen überwiegen Einzelgänger:innen, die zwar fachlich brillant und durchaus freundliche Menschen sind, aber keine Teamplayer. Weder gegenüber der Belegschaft, noch gegenüber den Partner:innen.

Da in der Geschäftsführung die Befugnisse normalerweise klar aufgeteilt sind, haben manche Unternehmer die Einstellung, man könne sich in der Chefetage aus dem Weg gehen, solange die Aufgaben jeweils gut erfüllt werden. Je mehr Leute in der Chefetage, desto mehr Kompromisse werden bei der Zusammensetzung gemacht.

Warum sollten Teamqualitäten in der Chefetage eine große Rolle spielen?

Reicht es nicht aus, dass alle fachlich kompetent und erfolgsorientiert sind? Die eigenen Ziele hinter dem gemeinsame Ziel zurückstellen - das ergibt sich doch in der Chefetage von selbst, oder nicht?

Was für Mitarbeiterteams gilt, muss erst recht in der Chefetage gelten. Das ist aber (auch dort) nicht immer der Fall. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass das gemeinsame Ziel in vielen Fällen auf "möglichst viel Umsatz generieren" reduziert wird, um damit persönliche Ziele zu verwirklichen, die im Vordergrund stehen.

Das trifft umso häufiger zu, je später die Partner:innen in das Unternehmen kommen und es nicht von Grund auf mit aufgebaut haben. Viel Umsatz generieren ist natürlich ein wichtiger Aspekt, aber als übergeordnetes Ziel nicht geeignet, um ein Team - oder ein Unternehmen - auf Dauer zusammenzuhalten.

Oder wie ist es mit: Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit, Loyalität und Respekt?

Bei der Auswahl neuer Partner:innen bleibt oft unbeachtet, wie sie mit den Mitarbeiter:innen umgehen.

Dabei zeigt sich immer wieder: wie sie mit den Mitarbeitern umgehen, gehen sie auch mit den Partnern um, wenn es mal hart auf hart kommt.

Im obigen Fall unseres Klienten wurde schmerzhaft deutlich, was es bedeutet, Teamqualitäten bei der Auswahl der Partner:innen außer Acht zu lassen. Die neuen Partner:innen brachten zwar frischen Wind und Umsatzpotenzial mit, aber ihre mangelnde Teamorientierung führte zu gravierenden internen Konflikten. Die Partner:innen kämpften nicht nur gegen die Konkurrenz, sondern auch gegen die Partner:innen. Es wurde ohne jeden Respekt in fremde Befugnisse eingegriffen, meist mit dem Argument der Kosteneffizienz und Leistungsoptimierung. Es wurden mehr Rechte und Anteile gefordert, jeder Vorteil ausgereizt und der Ton gegenüber Mitarbeitern war im allgemeinen hoherrschaftlich.

Die Situation spitzte sich in den Augen des Klienten zu, als eine langjährige Mitarbeiterin kündigte. „Sie fühlte sich dem Unternehmen stark verbunden, so dass ich endlich begriff, dass unsere Versäumnisse zu groß geworden waren.“ Zu lange hatte man die Neuen verändern lassen, was das Unternehmen einmal ausgemacht hatte. "Wir haben die Kritik der Mitarbeiter überhört, die wachsende Fluktuation heruntergespielt, und stattdessen immer wieder Eingeständnisse gemacht. Die Umsätze waren insgesamt sehr gut. Die Mehrheit von uns wollte sich nicht auseinandersetzen", gestand der Klient. „Wir haben viel zu tun und jeder möchte seine Ruhe.“ Leider nicht ganz jeder.

Als die alten Partner:innen versuchten, gegenzulenken, eskalierte die Situation. Die neuen Partner:innen akzeptierten keine Grenzen und begannen den internen Kampf. "Mir ist noch nie von Partner:innen offen gedroht worden. Das war ein Novum", sagte der Klient. Danach spaltete sich die Chefetage in zwei Lager, denn es gibt auch dort immer Personen, die sich lieber auf die Seite der vermeintlich Stärkeren bzw. Lauteren stellen.

„Ich habe meine Arbeit immer geliebt, aber plötzlich verspürte ich eine Müdigkeit und teilweise sogar eine Unlust, die Büroräume zu betreten“, sagt der Klient. Trotzdem dauerte es noch einige Monate bis es ihm und ein paar anderen Partner:innen reichte und ihnen die Aufspaltung des Unternehmens lieber war als alles andere.

Was hätte man anders machen können?

1.Vor der Auswahl neuer Partner:innen hätte man sich ganz bewusst gemeinsam auf die Unternehmenswerte verständigen sollen. Das erkannte der Klient für sich.

„Wir dachten, das wäre nicht nötig, weil es jahrelang gut lief. Aber deshalb war uns gar nicht bewusst, warum es gut funktioniert hatte“, sagt er. „Wären wir uns dieser gemeinsamen Werte bewusst gewesen - über unseren Unternehmenszweck hinaus - hätten wir auch bei den Kandidaten darauf geachtet, ob sie diese unterstützen.“

2.Teamqualitäten sind auch bei der Auswahl in der Geschäftsführung nicht außer Acht zu lassen.

„Wir machten uns Sorgen, dass wir den Anschluss verpassen könnten und mehr Bereiche abdecken müssten. Wir suchten neue Schubkraft und Erfahrung, am besten mit bestehenden Kontakten.“ Gesagt getan. „Die neue Dynamik hatten wir dann. Nur ganz anders als gedacht. Sie ersetzte die gesamte bisherige Dynamik.“

Und das drehten nur zwei von zehn Partnern um?

„Wir hätten es verhindert, wenn wir von Anfang an mehr auf die Zusammensetzung unserer Chefetage geachtet hätten. Das fing nicht erst mit diesen letzten beiden Personen an, es begann schon Jahre davor. Nur hatten wir immer Glück, dass die Mehrheit unserer Ursprungswerte noch überwog, aber das war eher Zufall.“ Damit war die Möglichkeit für die beiden Neuen da, die Geschäftsführung zu zersetzen. „Rückblickend hatte es was von einem Tumor, der sich langsam überall reinfrisst“, stellte der Klient fest.

Ein Unternehmen zu führen bedeutet nicht nur Verantwortung und steten Einsatz im Außen, sondern auch steten Einsatz im Inneren.

„Der ursprüngliche Kern der Chefetage war unterschiedlich im Charakter, aber uns allen war immer ein gutes Miteinander wichtig, unter uns Partner:innen und mit unseren Mitarbeitern“, erzählte der Klient. „ Die meisten von uns sind Einzelgänger, allerdings recht soziale. Deshalb hatten wir aber auch wenig Bewusstsein für Teamqualitäten und ihre Bedeutung. Was wir nicht bemerkt haben war, dass es immer mehr Arbeit bedarf, eine solche Atmosphäre aufrecht zu erhalten, je größer das Unternehmen wird. Diese Arbeit muss als erstes in der Chefetage erledigt werden. Trotz all der Tagesarbeit, die zu tun ist.“

Denn der Fisch stinkt immer vom Kopf her.

Schneller merkte eine andere Klientin, wohin die Reise mit ihrer Partnerin ging. Beide seit mehreren Jahren in derselben Branche selbständig tätig, schlossen sich zu einer Firma zusammen. Das gemeinsame übergeordnete Ziel schien auch gegeben „Frauenempowerment“. Nur stand dieses gemeinsame Ziel nicht bei beiden im Vordergrund.

„Nach wenigen Monaten merkte ich, dass die Partnerin zwar die Vorteile des Unternehmertums genoss, aber ansonsten lieber wie eine Angestellte arbeiten wollte. Das war wahrscheinlich der eigentliche Grund, dass sie sich zusammenschließen wollte.“ Leider kann man unter Partnern nur schwer eine Probezeit vereinbaren. Aber immerhin war hier noch Gelegenheit, sich ohne große Verluste wieder zu trennen. „Ich hätte mir diese Erfahrung ersparen können“, gestand die Klientin. „Aber ich habe bei meiner Entscheidung nur auf Fakten geachtet wie Berufserfahrung, Kontakte, die mitgebracht wurden, Qualifikationen. Menschlich schien es recht gut zu passen, das reichte mir. Den Rest habe ich als selbstverständlich vorausgesetzt.“

Auch zwei Leute bilden bereits ein Team. Es heißt nicht umsonst Partnerschaft. Sozius bedeutet „Begleiter, Gefährte, Freund“. Gefährten muss man auch auf längere Zeit an seiner Seite ertragen können.

Interessanterweise hat sich nie der Begriff Familie dafür durchgesetzt. Gern wird aber Teams und Abteilungen gepredigt, die Mitarbeitenden sollten sich „wie eine Familie“ fühlen. Der Vergleich hinkt leider. Denn Hand auf’s Herz, das System Familie ist für Therapeuten und Coaches ein unerschöpflicher Quell an Klienten mit Problemen, die darin wurzeln. Und so manches Familienunternehmen zersplittert in der Chefetage, weil Teamqualitäten dort nicht existieren.

Fazit:

Natürlich muss man fachlich für die Chefposition geeignet sein und außerdem ein gewisses Unternehmer-Mindset mitbringen. Doch gehören zu diesem Mindset auch Teamqualitäten. Sie sind auf Dauer ebenso entscheidend für den Unternehmenserfolg. Deshalb ist es eine gute Sache, wenn sich auch die Geschäftsführung eines Unternehmens in regelmäßigen Abständen zusammenfindet - im besten Fall sogar mit Moderation - und zwar nicht, um geschäftliche Entscheidungen zu besprechen, sondern um sich daran zu erinnern, dass sie ein Team sind und was ein Team ausmacht.