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Gedankenkarussel II - Grübelphasen Stoppen

Im 1. Teil zum Thema Grübeln, ging es um die Situation, dass plötzliches, anhaltendes Grübeln ein Zeichen für Burnout sein kann. In dem Fall könnte man vermuten, dass erst die Erschöpfung da ist und dann das Grübeln einsetzt.

  1. Warum geraten manche nie ins Grübeln? Sind alle Grübler Pessimisten?

Umgekehrt kann uns aber Grübeln in die Erschöpfung treiben und krank machen. Nicht immer ist Grübeln ein “Charakterzug”, sondern es können auch Menschen mit grundsätzlich positiver Einstellung ins Grübeln verfallen, wenn ihr innerer Frieden ausreichend ins Wanken gebracht wird. Finden sie nicht rechtzeitig einen Weg aus der Grübelphase, kann es darüber zu Krankheitssymptomen wie Magengeschwür, Schlafstörungen und anderem kommen bis hin zu mentaler Erschöpfung.

Es sind normalerweise Situationen, die uns in eine emotionale oder moralische Zwickmühle bringen. In den meisten Fällen ist eine niedrige Ambiguitätstoleranz Grund für unsere Grübelei.

2. Prokrastination ist nicht immer von Grübeln begleitet

Nicht jeder Mensch ist anfällig für Grübeln.

Manche Menschen drücken sich einfach vor einer Entscheidung und prokrastinieren. Sie beschäftigen sich möglichst wenig mit der Thematik, lenken sich ab oder verdrängen sie gänzlich. Ob diese Vorgehensweise auf Dauer gesund ist, ist ein anderes Thema. Ihr Geist beschäftigt sich aber tatsächlich nicht bewusst mit den Fragen oder Problemen. Prokrastination muss also nicht immer von Grübeln begleitet werden. Viele Prokrastinierer kennen Grübeln nicht. Andere Wesenstypen jedoch können nicht verdrängen.

3. Grübeln ist immer Prokrastination - meist aus Angst

Wir geraten ins Grübeln, weil eine große Angst davor besteht, die falsche Entscheidung zu treffen, oder weil wir unterbewusst eine Entscheidung überhaupt nicht treffen wollen. Etwa weil die Konsequenzen der “richtigen” Alternative unangenehm wären oder sogar jede Alternative negative Konsequenzen zu haben scheint.

Grübler schieben ihre Entscheidungen also auch auf die lange Bank, aber sie lenken ihre Aufmerksamkeit nicht auf andere Dinge, sondern denken ununterbrochen über die Thematik nach. Letztlich wollen sie aber keine der möglichen Lösungen akzeptieren, so dass die gedankliche Beschäftigung endlos ist.

4. Konfliktfähigkeit und Ambiguitätstoleranz als Hintergrund für Grübelphasen

Hier beginnt die Grübelei: wir kommen mit einer Situation emotional nicht zurecht. Rational wissen wir oft, wie wir zu einer Entscheidung kommen. Aber emotionale Gründe lähmen uns. Teilweise sind diese Gründe uns bewusst. Dummerweise sind uns jedoch oft die Gründe nicht bewusst oder wir gestehen sie uns nicht ein. Wir wisse also gar nicht, warum alles so ein Drama für uns ist.

Und genau das erhöht den Druck und erzeugt Stress. Wir sind ratlos bis verärgert über uns selbst.

Beispiel:

Sollen wir das Haus kaufen?

Der Klient konnte sich einfach nicht erklären, warum er zu keiner Entscheidung kam und mittlerweile schlaflose Nächte hatte. Immer schien etwas an der Immobilie nicht zu stimmen, aber wenn er ehrlich war, gab es keine echten Fehler am Haus. Dieses ununterbrochene Abwägen “soll ich, soll ich nicht, oder doch? - Oh nein, doch nicht” kannte er sonst nicht. Bis wir einmal die unbewussten Argumente im Pro&Contra aufdeckten, die zu den offensichtlichen hinzukamen:

  • Statusbewusstsein: „ich bin vierzig und fast alle im Bekanntenkreis haben jetzt ein Haus mit Garten. Ich bin so aufgewachsen, man ist erfolgreich, wenn man ein Haus kaufen kann, dann hat man es geschafft.”

  • Emotionale Zwickmühle: “Meine Frau träumt schon immer von einem Garten, sie wäre sehr enttäuscht und vielleicht auf lange Sicht unzufrieden mit mir, wenn wir in einer Wohnung bleiben.”

  • Eigene Priorität: “Wollen wir uns wirklich verschulden und auf andere Annehmlichkeiten wie Urlaub und Restaurantbesuche verzichten, um Kreditraten abzustottern? Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich in der Stadtwohnung sehr wohl und will mich gar nicht um Fragen wie Instandhaltung, Grundsteuer und Rasenmähnen kümmern.”

Solange man sich diese Beweggründe nicht klar und ehrlich vor Augen führt, ist es schwer, sich die gemischten oder unguten Gefühle zu erklären, die einen jedes Mal überkommen, wenn man eine Entscheidung treffen soll. Liegen die Gründe erst einmal auf dem Tisch, ist es leichter, mit ihnen zu arbeiten, im Beispiel des Klienten, wie er seinen Widerstand überwinden konnte, ehrlich mit seiner Frau zu reden oder ehrlich zu entscheiden, wie wichtig ihm die - vermeintliche - Meinung Dritter über ihn war.

Im Beruf können wir in ähnliche Konflikte und Gewissensfragen geraten. Wir wünschen uns eine Entscheidung, aber diese hat negative Auswirkungen, die wir glauben, nicht ertragen zu können.

5. Konfliktscheue und Angst vor Unsicherheiten

Konfliktscheue und ungewisse Ergebnisse und Angst vor Unbequemlichkeiten sind die häufigsten Gründe für Grübelphasen. Wir versuchen, widersprüchliche Wünsche und Erwartungen verschiedener Personen oder eigene Ängste und Wünsche unter einen Hut zu bringen. Wir suchen den harmonischen, sicheren, konfliktfreien Ausweg, bei dem wir möglichst gut dastehen vor uns selbst und den anderen, doch den scheint es nicht zu geben.

Solange wir nicht bereit sind, Konflikte oder Unsicherheiten zu ertragen, sind wir nicht mehr in der Lage, eine Situation objektiv zu beurteilen und logische Entscheidungen zu treffen. Dann kann das Grübeln beginnen und sich endlos hinziehen.

6. Grübeln ist ungleich Nachdenken - es ist Fantasieren

Was das wirklich heißt ist leider, dass wir gar nicht mehr wirklich Nachdenken. Wir wägen ab, aber wir kommen zu keiner echten Einschätzung. Wir wälzen die gleichen Gedanken immer wieder und wieder, wir reden uns ein, wir würden verschiedene Blickwinkel betrachten, aber im Grunde malen wir uns die Dinge aus - meist negativer und dramatischer, als realistisch ist -, fantasieren und denken sie immer wieder erneut, weil wir aus den oben genannten Gründen keine Entscheidung treffen wollen.

7. Wann die Grübelphase unserer Gesundheit schadet

Hält diese Phase über längere Zeit an, fühlen wir uns erschöpft. Selbst wenn alle anderen Lebensbereiche rund laufen. Wir können die guten Dinge gar nicht mehr so richtig wahrnehmen.

Bist Du schon einmal in den Urlaub gefahren, und wusstest, Du musst bei Deiner Rückkehr eine schwierige Entscheidung treffen? Eine, die knifflig ist und Risiken birgt oder die Dir nicht leichtfallen wird? Wie gut konntest Du abschalten? Glückwunsch, wenn es Dir gelungen ist! Das zeugt von einer sehr guten und gesunden Verarbeitungsstrategie.

Vielen gelingt das nicht. Nach dem Urlaub fühlen sie sich eher wie vor dem Urlaub, weil der Verstand die ganze Zeit „gearbeitet“ hat.

Mentale Beschäftigung kostet uns Energie, wie hier schon beschrieben. Grübeln bedeutet, dass wir die mentale Aktivität gar nicht mehr abstellen. Wir nehmen unsere Sorgen mit in den Schlaf und schrecken aus diesem hoch, um wach zu liegen und wieder unsere ängstlichen Gedanken zu wälzen. Wir atmen weniger tief, unsere Organe werden schlechter versorgt, der Schlafmangel schwächt uns, und so geht es weiter.

Außerdem werden wir durch die Grübelei unaufmerksam in unserem übrigen Alltag und das Risiko, dass uns Fehler unterlaufen oder wir wichtige Dinge vergessen, oder Familienmitglieder und Freunde mit unserer Unaufmerksamkeit/Nervosität verärgern, wird immer größer. Das wiederum setzt uns noch mehr unter Stress. Jetzt sind alle sauer auf uns. Nichts scheint mehr zu funktionieren.

Kein Wunder, denn wir sind ständig mit dem Kopf “woanders” anstatt im Hier und Jetzt.

Eine Grübelphase bringt uns also nie weiter, im Gegenteil. Deshalb ist es wichtig, Grübeln aktiv zu stoppen.

7. Woran erkennst Du Grübeln bei Dir selbst?

• Du ertappst Dich, dass Du immer wieder über dieselben Fragen nachdenkst, ohne neue Argumente zu finden und ohne auch nur für einen Zwischenschritt eine Lösung zu finden.

• Du fantasierst, indem Du Dir die Folgen einer Entscheidung ausmalst. Meist dramatisierst Du im Geist, was passieren wird.

• Dir fallen immer mehr Hindernisse, wenn Du nach einer Lösung suchst. Egal, welche Alternativen sich auftun, Du hast jedes Mal ein schlechtes Gefühl.

• Du kannst nicht mehr abschalten und das Thema bedrückt Dich ständig.

• Du kannst Dich auf andere Dinge und Menschen schlecht konzentrieren und fühlst Dich von ihnen überfordert.

• Du fühlst Dich machtlos in Bezug auf Dein “Grübelnhema”.

8. Was kannst Du tun, um Grübeln zu stoppen?

Erster Schritt zur Hilfe:

Sich bewusst werden, dass man grübelt, ist vielleicht der wichtigste Schritt.

Dann bist Du Dir wenigstens im Klaren, dass Du auf diese Weise zu keiner Lösung kommen kannst. Und dass hinter Deinem Dilemma wahrscheinlich mehr steckt, als lediglich rational offensichtliche Fakten gegeneinander abzuwägen.

Manche können mit dieser Erkenntnis bereits das Grübeln unterbrechen und aktiv den Fokus abwenden.

Weitere Tipps, um Grübeln zu stoppen:

  • Einfache Atemübungen, sobald Du das Gedankenkreisen bemerkst

  • Sport als Unterbrecher, oder wenigstens 5-10 Minuten Körperübungen

  • konsequente Konzentration auf andere Dinge oder Menschen kann dann noch das Grübeln unterbrechen. Bitte einen Freund oder Familienmitglied, dich bei der gedanklichen Ablenkung zu unterstützen

  • Probiere eine neue Art der Herangehensweise: Zum Beispiel eine schriftliche Pro- und Contra Liste. Schreib Deine schlimmsten Befürchtungen zu dem Thema auf. Wenn wir unser Kopfdrama schwarz auf weiß lesen, wirkt es meistens nicht mehr überzeugend und weniger beängstigend

  • Sprich mit 1-2 Freunden. Sie müssen sich mit dem Thema nicht auskennen. Bitte sie nicht um Rat, sondern darum, Dir Fragen zu stellen zu Deinen Überlegungen.

Wichtig ist, nicht nachzulassen, die Gedankenkreise immer wieder zu unterbrechen und nicht auf die Täuschung hereinzufallen, dass es wir an den Gedanken “dranbleiben müssen”.

Es kann erforderlich sein, andere Anforderungen und Belastungen zu reduzieren und Dir für Deine Alltagsaufgaben mehr Zeit einzuplanen als sonst, bis Du eine Entscheidung getroffen hast.

9. Wenn Du das Grübeln nicht allein überwinden kannst

Die meisten von uns überwinden eine Grübelphase nach einer Weile und erholen sich entsprechend danach. Je kürzer die Grübelphase andauert, desto besser.

Aber vielleicht sind Dir Deine Ängste und Sorgen klar, aber Du kannst sie nicht entkräften?

Konflikte und unbequeme Konsequenzen wird es im Leben immer geben. Der Trick ist, seine Konfliktfähigkeit und Toleranz für widrige Umstände zu erhöhen.

Kann man das? Ja, zum Glück kann man das erlernen. Dann ist man auch plötzlich in der Lage, in Situationen ruhig Entscheidungen zu treffen, die einem zuvor noch wie eine Katastrophe erschienen.

Wenn Du so schnell keinen Ausweg aus dem Gedankenkarussel findest, ist es sinnvoll, sich professionelle Hilfe bei einem Coach oder Psychologen (keine Sorge, hier braucht es in den meisten Fällen keine langfristigen Therapien) zu holen. So kommst Du den wahren Gründen Deiner Sorgen auf die Spur, die Dir die Entscheidung unmöglich machen und kannst Wege finden, den inneren Widerstand aufzulösen.

Hast Du das Gefühl, dass Du schon immer zum Grübeln geneigt hast und gar nicht anders kannst? Hier können natürlich Prägungen aus der Kindheit zugrundeliegen. Diese aufzufinden und aufzulösen deutlich zeitintensiver aber möglich. Mehr dazu demnächst in Teil III zum Thema Gedankenkarussel.

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