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Hypnotische Suggestionen und Sportfragen im Jobinterview

Finden Sie Jobinterviews langweilig und mühselig, egal, ob sie auf der einstellenden Seite sitzen, oder zu den Befragten gehören? Das geht vielen so. Letztens sagte ein Klient: „Am Ende habe ich immer noch ein komisches Gefühl bei Kandidaten. Manche erweisen sich dann wider Erwarten als genau passend für die Stelle, andere, bei denen ich mir mehr versprochen hatte, passen gar nicht.“

Die meisten Interviews sind viel zu unpersönlich und es werden Fragen gestellt, die entweder nicht viel dazu beitragen, die Persönlichkeit kennenzulernen oder sogar in eine ganz falsche Richtung führen können. Da wird im CV geschmökert, Berufserfahrungen werden heruntergebetet und persönlich wird es dann gern mit „Was steht auf Ihrer Bucket-List“ oder „wo sehen Sie sich in fünf Jahren“?

„Ich möchte auf Hawaii surfen/Familie gründen“ (Urlaub und Privatleben ist mir wichtiger als Arbeit) oder „Ich sehe mich in der Vorstandsetage“ (Und habe Dich überholt oder - noch schlimmer - vom Stuhl gestoßen) erleichtern normalerweise nicht die Auswahl der Kandidaten. Und realistisch betrachtet stellen sich Menschen selten die Frage, wo sie in fünf Jahren stehen, es sei denn, sie bereiten sich auf ein Jobinterview vor oder hängen regelmäßig mit ihrem Karrierecoach ab.

Hand auf’s Herz, die Chance, jemanden bei einem Jobinterview authentisch kennenzulernen, ist relativ gering. Man muss also zwischen den Zeilen lesen. Das geht umso leichter, je weniger die Kandidaten daran denken, dass sie in einem Jobinterview sitzen. Das wiederum hängt stark von den Fragen ab, die gestellt und der Art und Weise wie sie formuliert werden. Nicht zu vergessen, auch davon, wie der Fragende auf die Antworten reagiert.

Die Kandidaten in eine negativ belastete Wachtrance schicken

Erst kürzlich wurde mir wieder von einer Frage berichtet, die verblüffend oft vorkommt: „Was war für Sie die größte berufliche Niederlage?“. Schneller und nachhaltiger kann man Kandidaten gar nicht in einen ressourcenarmen Zustand versetzen. Kaum besser ist die noch häufigere Variante „Was war Ihre größte Herausforderung?“

Wenn man Glück hat, ist der negative Zustand zusätzlich mit einer saftigen Altersregression gekoppelt (Zurückversetzen ins Teenager -oder Kinderalter), oder die berufliche Erinnerung mit Wut und Enttäuschung über Vorgesetzte. Nach dem Gespräch wundert sich dann die befragte Person, warum ihr die Fragesteller so unsympathisch waren oder sie „einfach kein gutes Gefühl bei denen“ hatte.

Den Kandidaten ist selbst gar nicht bewusst, wenn sie durch die Suche in ihren negativen Erinnerungen in einen Zustand der Wachtrance verfallen und den Interview Führenden ebensowenig. Statt wenigstens den Zustand bewusst wieder aufzuheben, wird einfach die nächste Frage gestellt.

Solche Fragen gelten nicht umsonst im Sport als „mentale Fouls“. In einem Jobinterview möchte man so etwas vermeiden. Manchmal hat sich ein Kandidat auch auf genau solch eine Frage vorbereitet, aber dann ist eben auch die Antwort eine vorbereitete und im Zweifel nicht mehr authentische. Dabei könnte man mit ein wenig Umformulierung die gleichen Fragen stellen und dabei sogar noch mehr Informationen von Kandidaten erhalten, die sich in einem ressourcevollen Zustand leichter tun, authentisch und interessant zu erzählen.

Sowohl als Kandidat als auch als Interviewender sollte man wissen: Vorstellungsgespräche sind emotional aufgeladen. Die Kandidaten sind mehr oder weniger aufgeregt, aber überwiegend in einem Zustand, in dem sie sehr anfällig für Suggestionen sind. Geben Sie also Acht, was Sie als Einstellende/r sagen oder fragen. Was in diesen Gesprächen gesagt wird, kann nicht nur die Auswahl, sondern auch das spätere Arbeitsverhältnis beeinflussen. Selbst, wenn das nicht gewollt war.

Es gibt spannende Fälle, bei denen Klienten in der Sitzung plötzlich feststellen, dass sich im Arbeitsverhältnis genau das realisiert hat, was während des Jobinterviews - meist unbedacht - gesagt wurde.

Je persönlicher ein Interview gestaltet wird, desto mehr sinkt die Anspannung und desto besser können die Interviewenden einen Rapport zu den Begfragten aufbauen. Dabei ist hilfreich, wenn sich die Fragende Person oder eine der Fragenden auf einen echten Austausch einlässt, egal, ob es dabei um eine Begeisterung für gutes Essen geht oder um berufliche Erfahrung. Besonders wichtig ist das, wenn auf der einstellenden Seite die Führungskraft (oder Chef:in) sitzt, die später auch mit der ausgewählten Person zusammenarbeiten wird.

Für alle Beteiligten entsteht ein ganz anderer Eindruck, wenn statt einem Jobinterview ein Jobgespräch, also ein Dialog, geführt wird.

Wie persönlich muss es denn werden?

Nun, es ist viel leichter, etwas über eine Person in einem Gespräch zu einem Thema zu erfahren, für das sie sich wirklich interessiert, oder sogar begeistert. Ein Thema, mit dem sie sich auskennt. Das kann sogar der Job sein. Bei den meisten allerdings bleibt die Aufmerksamkeit dabei zu sehr auf die Frage „bekomme ich die Stelle“ fokussiert. Deshalb bietet es sich an, sich mehr von privaten Interessen und Hobbies erzählen zu lassen.

In den meisten Interviews wird leider nur die Frage gestellt „Was haben Sie denn so für Hobbies“. Auf die Antworten wird dann gar nicht eingegangen, oder höchstens mit einem „ach wie interessant“ reagiert. Hin und wieder kommt hier ein echter Austausch zustande, vor allem, wenn die einstellende Person sich ebenfalls für das Thema begeistern kann.

Die Qualität des Gesprächs ändert sich dadurch gewaltig und mit etwas aufmerksamem Zuhören kann man dabei viel darüber erfahren, wie jemand arbeitet und sich in einem Team verhält.

Warum werden nicht mehr Sportfragen in Jobinterviews gestellt?

Häufig beschränkt es sich auf die Frage: „Machen Sie Sport?“ Die Intention dahinter reicht normalerweise von „Achtest du auf deine Gesundheit, oder haben wir hier später einen Fall von Bandscheibenschaden oder Diabetes zu finanzieren“ bis zu „Bist du ein Risikokandidat, der uns bei jeder Gelegenheit mit Verletzungen ausfällt?“. Mehr Aufmerksamkeit wird dem Thema leider nicht gewidmet.

Dabei lässt sich mit dem Thema Sport so viel über die Kandidaten erfahren. Weiterer Vorteil: soweit die Kandidaten gern Sport treiben oder betrieben haben, weckt man automatisch positive Ressourcen und das Gespräch gewinnt, wie schon erwähnt, dadurch eine andere Dynamik.

Was sollen Sportfragen bringen?

Nun, wenn ich eine Führungskraft einstellen will, würde es mich zum Beispiel sehr interessieren, ob die Person einen Teamsport ausgeübt hat. (Oder immer noch verfolgt). Eine Person, die über eine längere Zeit Teamsport - am besten in der Jugend - erfahren hat, weiß intuitiv, wie ein Team funktioniert. Egal, ob sie überwiegend gute oder schlechte Erfahrungen gesammelt hat. Teambuilding-Seminare kann man sich hier oft sparen (wobei es natürlich immer von Vorteil ist, wenn bewusstes Wissen geschaffen wird, wo vielleicht nur unbewusstes Wissen besteht). Es gibt viele weitere interessante Informationen, die man hier erhalten kann, die ein Bild der Person in der Arbeit entstehen lassen.

Warum werden also selten Sportfragen gestellt? Es könnte daran liegen, dass - zumindest gefühlt - die Mehrheit der Führungskräfte selber nie einen Teamsport ausgeübt hat und sie sich deshalb nicht bewusst sind, wie sehr Menschen hierdurch für das Leben geprägt werden.

Natürlich kann auch ein Einzelsportler hervorragend bei der Arbeit in einem Team funktionieren. Genau das kann man übrigens sehr schön erkennen, wenn man mit der Person eingehender über den Sport spricht.

Wenn einem also das Glück widerfährt, dass die Frage nach Sport positiv beantwortet wird, sollte man die Gelegenheit nicht verpassen. Selbst wenn man sich mit der jeweiligen Sportart nicht auskennt, lohnt es, tiefer in das Thema einzutauchen und dabei das Gespräch auf Aspekte zu lenken, die man gern über die Kandidaten erfahren möchte.

Was, wenn jemand keinen Sport mag?

Ist es diskriminierend, wenn man dem Sport beim Jobinterview Bedeutung beimisst? In Zeiten, in denen immer weniger Menschen Sport machen und höchstens ins Fitnessstudio gehen? Was, wenn jemand keinen Sport mag?

Kein Problem. Wenn man diese Kandidaten ermutigt zu erzählen, was sie stattdessen begeistert, kann man auch viel erfahren. So erzählte der Inhaber eines Handwerkerbetriebs im Seminar: „Meine Entscheidung fiel zwischen zwei Kandidaten, als einer mir erzählte, dass er stets nach Rezept kochen und diese nie abändern würde.“

Fazit:

Als die Person, die die Auswahl treffen muss, kann man das Auswahlgespräch so gestalten, dass man selbst mehr Spaß daran hat und gleichzeitig sogar mehr Informationen über die Arbeitseinstellung und Wesenszüge der Kandidaten erhält. Gleichzeitig ist es hilfreich, im Kopf zu behalten, dass man mit seinem eigenen Verhalten in diesen Gesprächen das weitere Arbeitsverhältnis wesentlich vorprägen kann.

In unseren Workshops gehen wir auf diese Themen im Detail anhand vieler Beispiele ein, so dass die Teilnehmer einen Ideenschatz für ihre nächsten Auswahlgespräche mitnehmen und sich der Auswirkungen der hypnotischen Sprache in unserem Alltag und insbesondere diesen Situationen besser bewusst sind.